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Die Gründer von Guardian Technologies im Interview: So bekämpfen Algorithmen zukünftig Feuer

Jack-Leonard Bolz-Mendel und Stanislav Malorodov sind die Gründer von Guardian Technologies, einem Hersteller für High-Tech Brandlöschsysteme. Mit ihrem innovativen Produkt wollen sie frischen Wind in die Brandschutzbranche bringen. Im Interview haben sie uns mehr über ihre Geschäftsidee und die Möglichkeiten von KI bei Löschsystemen erklärt.

Wie kann künstliche Intelligenz den Brandschutz verbessern? Wo genau ist sie den aktuellen Systemen überlegen?

Klassische und bestehende Brandschutzlösungen sind sehr teuer: Brandmelder und Sprinkleranlagen müssen bei jedem Objekt individuell  verbaut und geplant werden. Das ist für Bauherren eine große Herausforderung. Das System ist wesentlich kleiner,smarter und kann auch nachträglich verbaut werden.

Es gibt in der Praxis außerdem das Problem mit den Täuschungsalarmen. Bei einem Täuschungsalarm handelt es sich um einen detektierten Brandfall, der aber gar keiner ist. Das produziert Ärger – und natürlich müssen auch die Kosten der gerufenen Feuerwehr und weitere Aufwände bezahlt werden. Das lässt sich nahezu komplett vermeiden.

Der letzte Punkt: Künstliche Intelligenz ist wesentlich schneller. Bei einem Rauchmelder muss erst Rauch an der Decke angekommen sein – KI kann dagegen die kleinste Flamme erkennen. Und die KI weiß, wo es genau brennt, kann klassifizieren, ob ein erkannter Brand gewollt oder ungewollt ist; ein Feuermelder weiß eigentlich nur, dass es brennt. Ist hier tatsächlich ein Brand ausgebrochen, ist es aber oft zu spät, sofern er nicht direkt von Hand gelöscht wird. In der Regel wird er erst mit Eintreffen der Rettungskräfte gelöscht, was wiederum zu verheerenden Begleitschäden führt.

Welche Techniken werden heute schon eingesetzt?

Schon heute gibt es Systeme die Flammen erkennen können, das sind aber häufig sehr schlecht aufgelöste Kameras, was dazu führt, dass Feuer nicht wirklich gut erkannt wird. Außerdem gibt es natürlich Wärmebildkameras, die sind aber unfassbar teuer. Es gibt natürlich auch vernetzte Brand- und Rauchmelder, aber auch das hat nichts mit KI zu tun. Heutiger Stand der Technik seitens der automatischen Löschtechnik durch Sprinkleranlagen hat sich seit etwa mehreren Jahrzehnten nicht mehr weiterentwickelt. 

Die Devise lautet hier “Variation” anstatt “Innovation”. Innerhalb der Brandmeldetechnik gab es deutlich größere Fortschritte, das hat in der Praxis aber nichts geändert, besonders nicht für den Endkunden. Digitalisierung kommt allmählich im Brandschutz an, künstliche Intelligenz hingegen ist der konservativ eingestellten Branche jedoch gänzlich fremd.

Wie funktioniert euer neuartiges System denn genau?

Wir haben ein sehr kompaktes System geschaffen, das durch KI gesteuert wird. Es wird von dem Produkt zwei Varianten geben: Eine „Home“ und eine „Professional“-Variante. Diese sind dann jeweils für unterschiedliche Leistungen ausgelegt. Das System erkennt, ob eine Flamme gewollt ist, beispielsweise die Flamme einer Kerze oder ob es sich um einen ungewollten Brand handelt. Wird ein ungewollter Brand erkannt, wird seine Position bestimmt und er wird gezielt gelöscht. Als Beispiel: Zündest du ein Feuerzeug in einem Raum an, in dem keine Flammen auftreten dürfen, dann dauert es nur sechs Sekunden, bis der Brand detektiert, verifiziert und dann auch gelöscht ist. Das gilt sowohl für kleine als auch sehr große Brände. Darüber hinaus benötigt das System im Durchschnitt weniger als 100 Milliliter zum Löschen, wohingegen eine Sprinkleranlage mehrere Hundert Liter freisetzt.

Was war denn die initiale Zündung, warum ihr das Unternehmen gegründet habt?

Jack: Als ich vor einigen Jahren noch in der Lehre zum Mechatroniker war, kam ich eines Abends nach Hause und in meiner Straße waren überall Rettungswagen und Feuerwehrautos. Es gab einen Brand, der mehrere Gebäude erfasst hatte. Man liest ganz oft über Brände, aber so einen selbst mitzuerleben, hat mir die Augen geöffnet. Diese Gefahr ist nicht zu unterschätzen. Die Feuerwehrmänner haben letztendlich mehrere Stunden gebraucht, um den Brand zu löschen und die Gebäude waren völlig zerstört. Einerseits natürlich durch den Brandschaden, aber auch durch den erheblichen Löschschaden.

Nach diesem Vorfall habe ich mich damit beschäftigt, welche Optionen es denn überhaupt gibt, mit denen man sich im Falle eines Brandes schützen kann. Da gab es dann automatisierte Systeme, wie die Sprinkleranlage oder die Brandmeldeanlage. Allerdings sind diese unfassbar kompliziert in der Planung, wahnsinnig teuer und sie verursachen einen riesen Schaden, wenn sie mal angehen. Dann ist nicht nur der Brandschaden das Übel, sondern auch der Löschschaden. Mein erster Gedanke war: „Es kann nicht sein, dass das der Stand der Technik ist.“ Und damit hat alles begonnen.

Welche Dimensionen soll das Unternehmen in Zukunft annehmen? Wenn das System deutschlandweit erhältlich ist, braucht man gewisse Kapazitäten. Gibt es bereits Gedanken dazu oder konkrete Planungen?

Da gibt es tatsächlich konkrete Pläne. Wir starten zunächst in Deutschland, gehen dann in den gesamten D-A-CH-Raum und möchten im nächsten Schritt ganz Europa bedienen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wollen wir auf dem Weltmarkt angekommen sein. Es geht schließlich um unsere ganzheitliche Vision “Using AI to get closer to a world with zero fire related deaths and damages” – dass ist eine weltweite Aufgabe. In manchen Ländern wird damit noch etwas lässig umgegangen, aber auch dort gibt es einen steigenden Bedarf. Nicht nur wir sehen weltweit ein großes Potenzial.